Wie das aktuelle Urteil vom LAG Hessen (Urteil vom 28.04.2025 – 7 SLa 739/24) zeigt kann es gerade an der Schnittstelle von Gesellschafts- und Arbeitsrecht zu diversen Problemen kommen.
Im vorliegenden Fall hatte eine GmbH einen ihren Geschäftsführer zunächst abberufen und anschließend den Geschäftsführeranstellungsvertrag ordentlich gekündigt. Die Kündigung wies jedoch Formfehler auf und war somit unwirksam:
Gemeinschaftsbetrieb
Die Parteien hatten zunächst über die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gestritten. Nach Ansicht des Gerichtes fehlte es jedoch schon an der erforderlichen Anzahl von mindestens 10 Mitarbeitern. Anders als vom Geschäftsführer angeführt fehle es an einem Gemeinschaftsbetreibe mit einer anderen Gesellschaft. Dass mehrere Unternehmen eine unternehmerische, wirtschaftliche Zusammenarbeit betreiben und bspw. die Buchhaltung von denselben Personen für beide Unternehmen durchgeführt wird und einzelne Mitarbeiter für beide Unternehmen arbeiten, genüge nicht. Vielmehr müssen Unternehmen ihre gemeinsame Arbeitsorganisation unter einen einheitlichen Leitungsapparat stellen.
Geschäftsführeranstellungsvertrag als Arbeitsvertrag
Das LAG kam zudem zu dem Schluss, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt, weil der Fremdgeschäftsführer (also ohne Beteiligung an der GmbH) klare Arbeitszeiten hatte, seine Arbeitsleistung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft erbringen musste und auch sonst Weisungen unterworfen ist, indem er z.B. keine wesentlichen Entscheidungen selbst treffen konnte.
Vertretungsmacht des Aufsichtsrats
Der Geschäftsführer hatte die Kündigung zudem gem. § 174 BGB zurückgewiesen, weil die Kündigung nur von zwei der drei Aufsichtsratsmitglieder - da ein freiwilliger Aufsichtsrat bei der GmbH eingerichtet war - unterzeichnet wurde und ihm keine Vollmacht vorgelegt wurde, dass die zwei Aufsichtsratsmitglieder das dritte Aufsichtsratsmitglied bei der Kündigung vertreten durften. Für die Vertretung des Aufsichtsrates ist grundsätzlich keine Vollmacht nötig, da es sich um eine organschaftliche Vertretung handelt, die im Register eingetragen ist. Nach § 112 AktG steht die Vertretungsmacht jedoch dem gesamten Aufsichtsrat zu. Wenn demnach Gesamtvertretung vorliegt und nicht alle Aufsichtsratsmitglieder eine Kündigung unterzeichnen, müssen die handelnden Aufsichtsratsmitglieder – im Regelfall der Aufsichtsratsvorsitzende – zur Unterzeichnung der Kündigung bevollmächtigt werden.
Im vorliegenden Fall war der Aufsichtsrat nach dem Gesellschaftsvertrag i.V.m. § 112 AktG berechtigt, den Geschäftsführer per Beschluss abzuberufen. Dies hat der Aufsichtsrat in einer Aufsichtsratssitzung durch Unterschrift aller Mitglieder wirksam beschlossen. Allerdings wurde es versäumt, die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags entweder durch alle Aufsichtsratsmitglieder unterzeichnen zu lassen oder die handelnden Aufsichtsratsmitglieder zu bevollmächtigen. Der Ausspruch der Kündigung und damit die Übermittlung an den Geschäftsführer erfolgter somit ohne Vertretungsmacht und konnte von diesem wirksam nach § 174 BGB analog zurückgewiesen werden.
Praxistipp
Bei Fragen der wirksamen Vertretung der Gesellschaft kommt es auf jedes Detail an und kleine Ungenauigkeiten können zur Unwirksamkeit von ganzen Rechtsgeschäften wie der Kündigung des Geschäftsführers führen. Es ist daher unerlässlich zu prüfen welche gesetzlichen und vertraglichen Regelungen im Einzelfall bestehen, um ärgerliche und teure Formfehler zu vermeiden. Eine frühzeitige rechtliche Beratung ist daher unbedingt empfehlenswert.
Eine Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) ist bereits anhängig. Bei Neuigkeiten halten wir Sie auf dem Laufenden.
Gerne können Sie sich in Dortmund direkt an die Verfasserin des Artikels, Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht Lenka Zizka LLM wenden.