Donnerstag, 31 August 2023 07:58 Drucken

Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme des Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung dar. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24.2.2022, Az.: 6 AZR 333/21) gilt dies auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer keine Bedenkzeit erhält oder keinen Rechtsrat einholen konnte.

Damit ist die Unterbreitung eines Aufhebungsvertrags nur zu sofortigen Annahme grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns vor. Dieses Gebot verpflichtet den Arbeitgeber nämlich nicht, eine für den Vertragspartner besonders angenehme Verhandlungssituation zu schaffen.

Praxishinweis: Allerdings betont das Gericht in seiner Entscheidung auch, dass dennoch ein sog. Mindestmaß an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses gewahrt bleiben muss. Der Arbeitnehmer muss jederzeit „Herr“ über seine Entscheidung sein und bleiben. Erst wenn dies nicht mehr gegeben ist, kann eine Verhandlungssituation als unfair bezeichnet werden. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist anhand der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall zu prüfen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn bewusst eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht, einzig mit dem Ziel des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags. Zudem kann auch die Nutzung eines Überraschungs- bzw. Überrumpelungsmoments die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen. Die schnelle Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag kann sich daher schnell als Irrtum erweisen, wenn der Arbeitnehmer diesen in einem Prozess anficht und sich dabei auf die Nichteinhaltung des Mindestmaßes an Fairness beruft.

Gerne können Sie sich in Dortmund direkt an den Verfasser des Artikels, Herrn Rechtsanwalt Michael Kretschmann, oder in Berlin an Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Martina Koch wenden.