Die freie Verteilung von Entgelten durch einen Vorgesetzten an sein Team kann gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Dies gilt besonders dann, wenn einzelne Angestellte bei einer freiwilligen Gehaltserhöhung nicht wie die Kollegen eine Erhöhung ohne einen sachlichen Grund erhalten.
Dieses Problem ergibt sich, weil Angestellte immer häufiger keine geregelten Gehaltserhöhungen mehr erhalten. Stattdessen erhalten Vorgesetzte bestimmter Teams oder Abteilungen oft ein bestimmtes Budget, dass diese dann wiederrum frei in der Abteilung verteilen können und somit entscheiden, wer mehr Gehalt erhält und wer nicht.
Im vorliegenden Fall hatte ein leitender Angestellter auf Gehaltserhöhung geklagt, weil seine Kollegen, die ebenfalls leitende Angestellte waren, eine freiwillige Erhöhung erhalten hatten und er nicht. Das LAG Düsseldorf (Urteil vom 20.04.2023, Aktenzeichen 13 Sa 535/22) gab ihm daraufhin Recht und sprach auch ihm eine Erhöhung zu. Begründet wurde die Entscheidung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Trotz der grundsätzlich geltenden Vertragsfreiheit, findet nämlich der Gleichheitsgrundsatz Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Gehälter nach einem generalisierten Prinzip erhöht. Einfach gesagt: Wenn alle Angestellten pauschal mehr Gehalt erhalten, kann der Arbeitgeber das nicht gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer verweigern.
Denn nach Art. 3 Abs. 1 GG ist es dem Arbeitgeber verboten wesentlich gleiches ungleich zu behandeln. Der Arbeitnehmer darf folglich nicht einzelne Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen einer bestimmten Gruppe schlechter stellen oder sachfremde Gruppen unter den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen bilden. Nimmt der Arbeitgeber dennoch eine Differenzierung vor, muss dies sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Dazu muss die Differenzierung einen legitimen Zweck verfolgen, der erforderlich und auch angemessen ist. So kann der Arbeitgeber bspw. zwischen Produktions- und Verwaltungsmitarbeitern/-innen unterscheiden, nicht aber zwischen den Produktionsmitarbeitern/-innen, die alle den gleichen Produktionsschritt ausführen.
Im Fall argumentierte das Unternehmen, dass die leitenden Angestellten keine einheitliche Gruppe bildeten. Eine Differenzierung sei gerechtfertigt, weil sie unterschiedliche Funktionen erfüllen und unterschiedlich viel Führungsverantwortung übernehmen. Das Gericht sah darin jedoch keine ausreichende Begründung. Die unterschiedliche Wertigkeit der Tätigkeit werde bereits durch das vertraglich festgelegte Gehalt ausgedrückt. Eine zusätzliche Erhöhung für einzelne Angestellte einer Gruppe verschiebe diese Relation und sei daher benachteiligend.
Um dennoch einzelnen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen freiwillige Gehaltserhöhungen zukommen zu lassen, ist es daher dringend geboten, sich zuvor durch klar nachvollziehbare und objektive Kriterien mit den Mitarbeitern oder dem Betriebsrat zu verständigen, um klarzustellen für welche Leistungen freiwillige Gehaltserhöhungen ausgezahlt werden. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber gut begründen kann, wieso einzelne Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen eine Gehaltserhöhung bekommen haben und dies nicht willkürlich erfolgte. Dies sollte auch entsprechend dokumentiert werden.
Gerne können Sie sich in Dortmund direkt an den Verfasser des Artikels, Herrn Rechtsanwalt Michael Kretschmann, oder in Berlin an Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Martina Koch wenden.